Heiße Quellen und warme Bäder im Land aus Feuer und Eis
Das mitten im Nordatlantik nur 287 Kilometer von Grönland entfernt gelegene Island besticht als größte Vulkaninsel der Welt insbesondere durch seine einzigartige Naturlandschaft.
Speiende Vulkane sind hier ebenso zu finden wie mächtige Gletscher, fauchende Geysire und heiße Quellen. Die hohe vulkanische Aktivität, die vielerorts an zischendem Dampf und brodelnden Schlammlöchern zu erkennen ist, lässt sich nicht nur zur Gewinnung erneuerbarer Energien nutzen, sondern auch zur Regeneration der Lebensenergie von Gästen und Einwohnern. Nicht umsonst ernannte der Europäische Heilbäderverband Reykjavik zur offiziellen „Spa City“. Die nur 30 Autominuten von der Hauptstadt entfernte „Blaue Lagune“ und das „Mývatn Nature Bath“ östlich des Sees Mývatn im Nordosten der Insel findet wohl jeder, doch es gibt auch zahlreiche kleine Bäder und nahezu völlig naturbelassene heiße Quellen, auf die kein Reiseführer hinweist.
Herrlich genießen in den Thermalquellen und Thermen Islands
Vulkane & Thermalbäder im Thermenland Island
Die Entstehung der Thermen in Island
Aus geologischer Sicht betrachtet, existiert Island noch nicht allzu lange. Gerade mal seit etwa zwanzig Millionen Jahren ist die Insel auf der Erdoberfläche zu finden. Dieses Alter bezieht sich indes nicht einmal auf das ganze Eiland, sondern nur auf deren älteste Teile. Hierzu zählen die östlichen und die westlichen Randgebiete, die Ost- und Westfjorde sowie zwei kleine Gebiete im Norden und Westen. Diese Tatsache lässt sich auf einfache Weise erklären: Mitten durch Island verläuft die Nahtlinie zwischen Europa und Nord-Amerika, die sich unterseeisch im Mittelatlantischen Rücken fortsetzt. An diesem submarinen Gebirgsrücken entsteht ständig neue ozeanische Kruste. Diese drückt die Kontinentalplatten auseinander und sorgt dafür, dass sich die Distanz zwischen Europa und Nordamerika um etwa zwei Zentimeter im Jahr vergrößert.
Darüber hinaus verdankt Island seine Existenz einem „Hot Spot“, einer gewaltigen Magmablase, die aus dem oberen Erdmantel aufsteigt und die Erdkruste nach oben wölbt. Hinzu gesellt sich die vulkanische Tätigkeit, die Insel zur größten Vulkaninsel auf dem Erdball wachsen ließ. Heutzutage weisen die Ost- und Westfjorde, die ursprünglich vermutlich als zusammenhängendes Ganzes die „Urinsel“ Island bildeten, aufgrund ihrer Entfernung zur Dehnungsspalte keine vulkanischen Aktivitäten wie Eruptionen, Fumarolen oder Solfataren mehr auf. Sie beweisen ihre Herkunft aber durch postvulkanische Erscheinungen wie warme und heiße Thermalquellen, deren Vorkommen in den Westfjorden noch verhältnismäßig häufig ist.
Thermalquellen und -bäder in den Westfjorden
In den Westfjorden gibt es heutzutage mehr als 20 Örtlichkeiten, in denen Quellen mit Thermalwasser zu finden sind. Diese variieren hinsichtlich ihrer Temperatur, der Schüttmenge und der mineralischen Zusammensetzung. Der Ísafjarðardjúp, dessen Seitenfjorde und die Strandsýsla zeichnen sich durch besonders viele Thermalquellen aus. Die Bewohner dieser dünn besiedelten Region errichten selbst aus wenig ergiebigen Quellen ein wohliges Bad in freier Natur. Insgesamt gibt es dort acht solcher Bäder mit geothermalem Wasser, das im Badebecken in der Regel eine Temperatur von 25 bis 30 °C hat, aber zum Teil mit mehr als 90 °C an die Erdoberfläche tritt.
Die in den Westfjorden gelegenen Thermalbäder sind relativ klein. Zum Teil haben sie gerade mal die Größe einer überdimensionierten Badewanne, in anderen Bädern genügen die Ausmaße zumindest für ein paar Schwimmstöße. Einzelne Becken verfügen zusätzlich über ein bis zwei sogenannte „heiße Töpfe“ – runde Heißwasser-Behälter, in denen die Wassertemperatur 36 bis 37 °C bzw. 39 bis 40 °C beträgt. Hin und wieder lassen sich in diesen „heißen Töpfen“ außerdem Wasserstrahldüsen zur Körpermassage zuschalten. Gemeinhin sind die Thermalbäder der Westfjorde von sehr einfacher Beschaffenheit. Nur wenige Ausnahmen bieten mehr Komfort. Entsprechend schlicht gestalten sich auch die Umkleidehäuschen. Manchmal ist die ganze Anlage derart bescheiden, dass überhaupt kein Eintrittsgeld verlangt wird. Alle Thermalbäder in den Westfjorden liegen in einer wunderschönen Naturlandschaft, direkt an einem Fjord oder am Nordatlantik oder zumindest in deren unmittelbarer Umgebung. Diese Lage findet sich weltweit an kaum einem Ort. Den isländischen Himmel über sich, einen steilen Berghang aus dunklem Basaltgestein auf der einen und in greifbarer Nähe das Meer oder einen Fjord auf der anderen Seite, kann der Badende in absolut entspannter Atmosphäre die Natur genießen und zugleich seinem Körper etwas gutes tun.
Auf den Spuren der Isländersaga
Die Westfjorde sind besonders interessant für Leser altnordischer Literatur, insbesondere der Isländersagas wie der Hávarðar Saga Ísfirðings, der Fóstbroeðra Saga, der Gull-Þóris Saga und der Gísla Saga. Trotz ihrer Abgelegenheit und des kaum vorhandenen, für die Landwirtschaft nutzbaren Vorlandes gehörte diese Region zu den bevorzugten Siedlungsgebieten bei Islands Besiedelung ab dem Jahr 874 n. Chr. Noch bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde diese Gegend mit nahezu denselben Methoden bewirtschaftet, wie zur Sagazeit. Als die Technik in der Landwirtschaft Einzug hielt und gravierende Veränderungen mit sich brachte, waren weite Teile der Westfjorde bereits vollständig entsiedelt. Daher können die Sagaschauplätze bis heute fast genau so aufgefunden werden, wie in der Saga beschrieben.
Galerie
Eindrücke von den Thermen in Island: